Jens Hausmann – Raum und Hülle

Jens Hausmann – Raum und Hülle

Der Berliner Maler Jens Hausmann ist seit vielen Jahren einer der auffälligsten mitteleuropäischen Maler im Themenbereich der Architektur. Wobei bereits dieses Label etwas irreführend ist, denn Hausmann geht es um Malerei nicht um Architektur.

Er ist im Besten Sinne ein Konstruktivist, denn seine Architekturen und Bildräume sind Konstruktionen. Viele seiner architektonischen Formen basieren zwar auf realen Gebäuden, aber diese Gebäude sind lediglich der Auslöser zur Gestaltung eines Bildes. Seine Szenarien sind konstruierte Realität – kein Abbild einer Realität.

Obwohl mit den Landschaftsausschnitten und Vegetationen, die seine Bilder bevölkern, in gewisser Weise ein romantisches Element aufzuscheinen scheint, ist diese Konfrontation Kultur-Natur nicht im Sinne der Romantik zu verstehen. Denn Hausman macht in seinen Bildern deutlich, daß auch die Natur nicht mehr das vom Menschen unabhängige Andere und damit das Gegenteil von Kultur bildet, sondern im Zeitalter des Anthropozän selbst bereits „kulturell kontaminiert“ ist und längst nicht mehr unabhängig vom Menschen existiert. Selbst in den tiefsten Tiefseegräben, im Ewigen Eis und auf den Gipfeln der Berge sind die Auswirkungen der menschlichen Tätigkeit zu finden.

Die meist sehr artifiziell in grellen „unnatürlichen“ Farben erscheinenden Naturversatzstücke wirken eher wie eine Möblierung des vom Menschen geformten Bildraumes als eine unbändig frei sich entfaltende Natur. Trotzdem sind sowohl Architektur als auch Natur Darsteller auf den Bühnen seiner Bildräume und bilden erst zusammen die spannungsreichen Szenarien seiner Bilder. Die Architekturen fragmentieren den Bildraum und damit die sie umgebende Landschaft/Natur.

Wie Hausmann so treffend sagt, versucht er seine „romantischen Wallungen an der kurzen Leine zu führen“. Während die Rückenfigur in der deutschen Romantik den Menschen bereits zurückdrängt und nicht mehr als Akteur, sondern nur noch als Betrachter inszeniert, geht Hausmann einen konsequenten Schritt weiter und verzichtet ganz auf die menschliche Figur. Anwesend ist der Mensch als permanenter Gestalter dennoch in jedem Winkel seiner mystisch konstruierten Bildwelten.

Viele seiner Bildräume wie z.B. in dem großen Bild „Raumstation“ wirken wie eine Bühne, auf der gerade etwas geschehen ist oder bald geschehen könnte. Hausmann erwähnt im Gespräch die Bedeutung des Moments, in dem Nichts geschieht – in dem die Handlung erstarrt kurz bevor etwas geschieht. Das eigentliche Ereignis spielt sich eher im Kopf des Betrachters ab. Hier scheint auch der Grund für die cineastische Anmutung vieler seiner Werke zu liegen und man fühlt sich an die Dramaturgie vieler Hitchcock Filme erinnert. Einerseits durchströmt seine Bilder oft ein Geheimnis, andererseits ist aber auch die Rationalität der Konstruktion deutlich sichtbar und die zum Teil brutalistische Kühle der Glas- und Betonflächen wiederstrebt jeder Mystifizierung und Romantisierung.

In dem großen Querformat „Daytime Astromomy“ scheinen sich die Pflanzen wie unheimliche Wesen an das Gebäude heranzupierschen und darauf zu verweisen, daß die Natur sich früher oder später ihren Raum zurückerobert. Sicherlich ist Hausmann durch seinen häufigen Aufenthalt in Brasilien, woher seine Frau, die Künstlerin Isabelle Borges stammt, sowohl von der tropischen Vegetation als auch der brasilianischen Moderne, die auf der europäischen basiert beeinflußt. Sein Werk findet in Brasilien auch großen Anklang. So hat das Sammler Museum Fábrica de Arte Marcos Amaro (FAMA) gerade einen großen Werkblock, der mit 60 Arbeiten einen ganzen Raum gestaltet erworben und wird diesen im Juli 2020 in Sao Paulo ausstellen.

 

Ausstellung: 20.03. – 18.04.2020